5 Anzeichen dafür, dass du frauenfeindlich bist, auch wenn du es selbst nicht glaubst

(Vielen Dank an @LadyBitchRay1 für die Inspiration.)

Auf Neon.de habe ich mal den sehr großartigen Satz gelesen: “Alles, was ein Mann vor dem Aber sagt, kann man getrost vergessen.” Neon.de ist leider schon lange tot, aber auch nach dem Einstampfen der Community hatte ich viele, viele denkwürdige Gespräche, die ein wichtiges ‘aber’ enthielten. Sowohl online als auch offline. Sowohl mit Männern als auch mit Frauen. Und meistens ging es um das, was man unter ‘gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit’ fassen könnte.

Ich fülle in meinem Leben viele Rollen aus. Am wichtigsten sind mir derer zwei: Pädagogin (B.A.) und Mutter. Seit September 2020 ist meine Elternzeit beendet. Und wie sehr viele Frauen vor mir kämpfe auch ich mit meiner Lebensgestaltung, resp. damit, wie andere meine Rollen sehen. Schon vor meiner Schwangerschaft habe ich sehr viel Frauenfeindliches gelesen, und daher liste ich hier nun 5 Anzeichen dafür, dass jemand frauenfeindlich ist, auch wenn die Person selbst es nicht glaubt.

Punkt 1: Sich selbst unbetroffen glauben

Nur, weil jemand mit Frauen zusammenlebt oder aus einer solchen geboren wurde, heißt das nicht, dass ein Mensch nicht frauenfeindlich sein kann. Selbst Frauen können frauenfeindlich sein. Aber was heißt Frauenfeindlichkeit überhaupt? Sehen wir einmal auf https://frauenseiten.bremen.de/blog/was-ist-eigentliche-misogynie/ nach:

“Misogynie bedeutet übersetzt Frauenfeindlichkeit bis hin zu Hass gegenüber Frauen. Das weibliche Geschlecht wird dem männlichen Geschlecht untergeordnet. Demnach haben Frauen eine geringere Wertigkeit und Männer eine höhere.

Diese Feindseligkeit ist auf allen Ebenen sozialer Beziehungen zu finden. Von der gesamtgesellschaftlichen Ebene bis zur persönlichen. Dabei tritt sie in vielfältiger Weise und unterschiedlicher Intensität auf. Auch schwächere Formen – eine gewöhnliche Schlechterstellung wie beispielsweise „Frauen können nicht so gut grillen“ oder „Frauen sollen nicht schwer tragen“ und „Frauen sind zu sensibel“ – fallen schon in den Bereich der Misogynie. Diese werden jedoch oft nicht als solche erkannt – vielleicht auch gerade deshalb, weil manches uns immer wieder im Alltag begegnet.”

Oft genug wird das weibliche Geschlecht dem männlichen untergeordnet. Und das ist mir nicht erst bewusst, seit der Typ aus meinem Politikkurs sagte, als Mädchen verstünde ich nichts von Ehre. Oder seit ein Freund behauptete, Grillen sei Männersache. Oder seit die Nachbarin mich keinen Sack Blumenerde tragen lassen wollte. Oder als ich lernte, was die Redewendung “flennen wie ein Mädchen” bedeutet.

Nein, es gibt noch viel schlimmere Einordnung. Ich will ein Beispiel hernehmen:

Ich habe Erziehungswissenschaft studiert. Die Studentenschaft ist fast ausschließlich weiblich. Schon die Tutor*innen sind aber zu großen Teilen männlich. Und die Lehrenden sind fast ausschließlich männlich.

Nun fragt sich der eine oder andere vielleicht: Warum ist das so? Nun, denkt einmal daran, wie viele männliche Erzieher es in eurem Kindergarten gab. (Oder wie viele männliche Grundschullehrer.) Da waren nicht viele, oder?

Ich bin Schulbegleiterin. 2018 musste ich wegen meiner Schwangerschaft ins Beschäftigungsverbot gehen. Mein Nachfolger war männlich, und das war ‘ne Riesenüberraschung für mich. Es gibt einfach nicht viele Männer, die Erzieher werden wollen. Und warum ist das so? Weil der Job beschissen bezahlt wird. Ich hatte im Studium enorm viele Kommilitoninnen, die Erzieherin gelernt haben, die dann aber mit der Bezahlung unzufrieden waren. Und die ist so scheiße, weil irgendwelche weißen alten Männer gemerkt haben, dass der Job vor allem von Frauen ausgeübt wird, die sich zum Gehalt des Ehemannes etwas dazuverdienen wollen. Und seitdem hat sich am Lohn halt nicht viel geändert.

Puh. Weiter geht’s.

Punkt 2: Sagen wollen, was eine Frau ist und was nicht

Ich habe ja schon mal einen Blogartikel verfasst über Geschlechterrollen in der Serie “Hör mal, wer da hämmert”. Und wer ihn gelesen hat, weiß, dass Jill Taylor mich unglaublich beeindruckt. Es erfordert Mut, mit drei Kindern noch mal studieren zu gehen. Aber sie wird so oft für das, was sie tut oder eben lässt, abgewertet. Tim macht sich über den Wunsch lustig, zu studieren. Über Psychologie an sich. Über ihre Kochkünste. Und dass seiner Meinung nach Frauen bestimmte Dinge einfach nicht können, ist ja bekannt.

Ich raufe mir oft die Haare darüber, was Tim Taylor in dieser Sendung sagt und was nicht. Wir sind nicht mehr in den 50ern, und wir waren es auch schon nicht mehr, als die Sendung erstausgestrahlt wurde. Und so viele Dinge sind immer noch genauso wie damals. Immer noch scheint man automatisch davon auszugehen, dass ich die bin, die mehr Kinderbetreuung übernehmen muss. Sätze wie “Was sagt denn dein Mann dazu?” kann ich schon nicht mehr hören. Mein Mann ist außergewöhnlich toll, und meistens war er es, der unsere Tochter von der Kita abholte, wenn sie krank war.

Doch es geht noch schlimmer. Von Transidentität haben mittlerweile schon viele etwas gehört. Nicht alle können damit etwas anfangen. Und das ist okay! Es braucht Zeit, um zu verstehen, wer wie angeredet werden will oder wie eine Transition überhaupt funktioniert. Aber es gibt Dinge, die nicht in Ordnung sind.

Eine gute Freundin von mir (die es mir hoffentlich nachsieht, wenn ich sie hier erwähne) ist transident. Für keine*n der Beteiligten ist das einfach. Für sie sowieso nicht. Ich kenne sie nun schon einige Zeit. Und es ist toll, wenn man sieht, wie sie aufblüht. Sie freut sich so unglaublich, wenn sie zur Arbeit gehen und dabei Röcke oder Kleider tragen kann. Als sie in Frankreich von einem Kellner wiederholt als “monsieur” angesprochen wurde, hat sie sich, nun ja, nicht gefreut. Und die diversen transfeindlichen slurs auf Twitter ärgern sie und mich gewaltig.

Ein Bekannter von mir bloggte einmal über einen Schönheitssalon, der keine Transfrauen als Kundinnen annahm. Ich war ihm megasauer für diese Abhandlung, ich bin es immer noch. Denn er schrieb mir im Anschluss sinngemäß “die sollen sich nicht so anstellen, körperlich sind die nun mal Männer”.

Und nun kommen wir zum Begriff Zweigeschlechtlichkeit. (Was selbst in der Biologie mehr als umstritten ist.)

Ist eine Frau nur eine Frau, wenn sie Gebärmutter, Eierstöcke und eine Vulva hat? Ist eine Frau nur eine Frau, wenn man ihr Finger in die Vagina stecken kann? Ist eine Frau nur eine Frau, wenn sie sich regelmäßig Körperhaare entfernen kann? So einfach ist es eben nicht. Jill Taylor musste sich übrigens aus medizinischen Gründen die inneren Geschlechtsorgane herausnehmen lassen. Trotzdem ist sie eine Frau. Und was für eine.

Meine Freundin ist auch eine Frau. Und was für eine. Sie sieht gut aus, sie ist eine tolle Informatikerin, es macht Spaß, sich mit ihr über “Frauenthemen” zu unterhalten. Und wie sie untenrum aussieht, geht nur ihre Ärzt*innen und sie was an.

Punkt 3: Sätze sagen wollen wie “es ist völlig okay, dass Frauen schlechter bezahlt werden”

Gibt genug Idioten (und Idiotinnen…), die der Meinung sind, das sei okay. Noch ein Beispiel:

Soziale Berufe werden meist von Frauen ausgeübt. Und sie werden sauschlecht bezahlt, auch kein Geheimnis. Ich habe mal mit dem Bekannten aus Punkt 2 darüber gesprochen. Und er sagte doch ernsthaft, das sei okay, denn sonst könne man sich ihre services nicht leisten.

Punkt 4: Frauen nicht ihr Ding machen lassen

Was genau meine ich denn jetzt wohl mit “ihr Ding”?

Man würde es bei mir nicht erwarten, aber ich habe vollsten Respekt vor den Frauen, die Hausfrau und Mutter sind. Das sind unglaublich arbeitsame und anspruchsvolle Rollen, die enorm schwierig sind. Ich versage oft genug dabei. Im Job sowieso. Jede Frau hat Respekt verdient für das, was sie tut oder ist. Egal, ob Mutter oder nicht, ob Hausfrau oder nicht, ob in einer Frauendomäne arbeitend oder nicht. Egal, ob jung oder alt. Egal, ob sie schon immer als Frau gelebt hat oder nicht.

Meine Großmutter musste meinen Vater mit 8 Wochen in die Krippe geben, denn sonst hätte sie keinen Lohn mehr bekommen. Meine Mutter wollte mich mit einem Jahr in die Krippe geben. Wir lebten damals aber schon in Westdeutschland und 1992 ist sie für den Wunsch ausgelacht worden. Das immerhin wäre heute nicht mehr so. Aber es ist noch immer nicht alles tutti. Ich bin bekanntlich letztes Jahr aus der Elternzeit zurückgekehrt. Frauen, die selber 2 oder mehr Kinder haben, fragen mich Dinge wie “muss das jetzt schon sein? Genieß doch lieber die Zeit mit deiner Tochter, dein Mann verdient ja gut”. Frauen, die keine Kinder haben, halten mir vor, wie viel besser Kollegin XY alles händelt, die ja sogar 2 Kinder habe. Und ich hasse solche Sätze.

Punkt 5: Häusliche Gewalt

Ich muss dazu nicht viel schreiben, schätze ich, und jede:r kann googlen, wie hoch die Fallzahlen sind. Es gibt übrigens viel zu wenig Plätze in Frauenhäusern, und seit Corona ist alles viel schlimmer geworden.

So. Wer noch Fragen hat: gerne stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Die Erklärversucherin

Veröffentlicht von erklaerversucherin

Übersetzerin. Mutter eines Kindes. Bachelor in Erziehungswissenschaft. Halbgläubige Christin in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Onlinechristin (#twapelle). Engagiert. Gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten